Sambia: In fünf Schritten zur Wahlmanipulation
In Sambia finden am 12. August Präsidentschaftswahlen statt, inmitten einer anhaltenden Wirtschaftskrise und wachsender politischer Spannungen. Die Wahl ist ein Zweikampf zwischen Präsident Edgar Lungu und dem langjährigen Oppositionsführer Hakainde Hichilema – und wie bei der letzten Wahl wird es knapp werden.
Bereits vor dem Urnengang gibt es große Probleme. Einige zivilgesellschaftliche Gruppen und Verfassungsrechtler argumentieren, dass Lungus Kandidatur unzulässig ist, da er bereits zwei Amtszeiten hinter sich hat. Es gibt Vorwürfe, dass die Regierung die geltenden Maßnahmen und Abstandsregeln zur Bekämpfung der Corona-Pandemie dazu nutzt, um sich einen unfairen Vorteil zu verschaffen. Und die Wahlkommission genießt bei großen Teilen der Bevölkerung kein Vertrauen mehr.
Die gute Nachricht ist, dass es neben einheimischen Organisationen auch eine starke internationale Wahlbeobachterpräsenz gibt. Bei mehreren der jüngsten Wahlen auf dem Kontinent wurden diese jedoch dafür kritisiert, dass es ihnen nicht gelang, Manipulationen zu erkennen. Ein Problem, mit dem Wahlbeobachter:innen, zivilgesellschaftliche Gruppen und Journalist:innen konfrontiert sind, besteht darin, dass es bei qualitativ schlechten Wahlen nicht immer offensichtlich ist, worauf die Aufmerksamkeit zu richten ist. Moderne Wahlen werden oft bereits im Voraus mit verdeckten und schleichend wirksamen Strategien manipuliert, die schwieriger zu entlarven sind.
Was sind also die fünf wichtigsten Dinge, die man bei den sambischen Wahlen im Blick behalten sollte?
1. Wählerregistrierung: Wer abstimmen darf ist unklar
Im Vorfeld der Wahlen hat die sambische Wahlkommission angekündigt, dass sie das bestehende Wählerverzeichnis abschaffen und die Bürger:innen neu registrieren wird. Um die neun Millionen Wahlberechtigten des Landes erneut zu erfassen, waren jedoch nur 38 Tage während der Regenzeit vorgesehen. Einwände der Zivilgesellschaft gegen dieses Vorgehen wurden zunächst nicht beachtet, woraufhin eine Gruppe die Wahlkommission im August 2020 vor das Verfassungsgericht brachte. Trotz der Dringlichkeit des Antrags ist der Fall jedoch fast ein Jahr später immer noch anhängig.
Es gibt glaubwürdige Berichte über eine unvollständige Registrierung von Wähler:innen in Regionen, die der Opposition zuneigen, sowie über höhere Erfassungsraten in regierungsfreundlichen Gebieten. Die Wahlkommission hat es versäumt, dadurch ausgelöste Befürchtungen zu zerstreuen, und weigert sich, das Wählerverzeichnis von unabhängiger Seite überprüfen zu lassen, obwohl sie dies bei früheren Wahlen getan hat.
Schlimmer noch, viele junge Sambier:innen konnten sich nicht registrieren, weil sie keine nationale Meldekarte haben. Obwohl das Innenministerium damit begonnen hat, das Ausweisdokument an diejenigen auszugeben, die nach 2016 volljährig geworden sind, wurde die Einführung von einheimischen Beobachtern als verzerrt kritisiert. Das vergrößert die Probleme mit dem Wählerregister noch.
Internationale Beobachter verurteilen eine Wahl nur selten aufgrund solcher „Hintergrundfaktoren“ wie dem Wählerverzeichnis, aber dies ist oft die effektivste Form der Manipulation.
2. Einschüchterung: Viele haben Angst zu sagen, wen sie wählen werden
Diese Legislaturperiode war durch Gewalt und Einschüchterungen gekennzeichnet. Obwohl grundsätzlich Parteikader aller Couleur daran beteiligt waren, wurde die Gewalt vorwiegend von jungen Männern begangen, die der Regierungspartei nahestehen. Die Polizei ihrerseits hat es regelmäßig versäumt einzugreifen und wurde in einigen Fällen beschuldigt, selbst Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben.
Das Ausmaß an Angst und Einschüchterung wird aus den Ergebnissen des Afrobarometers für 2020 deutlich. Darin weigerte sich ein noch nie dagewesener Anteil von 39 % der Befragten, im Vergleich zu nur 12 % im Jahr 2017, Fragen zu ihren Wahlpräferenzen zu beantworten. In einer Atmosphäre der Angst kann keine uneingeschränkt freie und faire Wahl stattfinden.
3. Manipulation der Medien
Der Bertelsmann Transformation Index (BTI) verzeichnet seit 2014 einen kontinuierlichen Negativtrend bei der Meinungsfreiheit in Sambia. Ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung ist die zunehmende Beschneidung der Unabhängigkeit der etablierten Medienlandschaft. Die Regierung hat in den vergangenen fünf Jahren systematisch kritische Medien angegriffen, die größte unabhängige Tageszeitung des Landes und den wichtigsten unabhängigen Fernsehsender geschlossen und andere bedroht. Parteikader und die Polizei haben wiederholt lokale Radiosender während Sendungen mit der Opposition gestürmt und den Bürgern das Recht auf Zugang zu grundlegenden politischen Informationen verweigert.
Die staatlichen Medien begünstigen systematisch die Regierungspartei. Auch nachdem die wichtigste Oppositionspartei des Landes erfolgreich gegen sie geklagt und gewonnen hat, bleibt die Lage katastrophal. Denn das oberste Gericht hat zwar entschieden, dass die Wahlkommission staatliche Medien verpflichten muss, über die Opposition zu berichten, diese hat jedoch – in direktem Widerspruch zum Geist des Urteils – für jede Partei nur 30 Sekunden Berichterstattungszeit pro Tag vorgeschrieben. Da sie diese Vorschrift außerdem nicht mit einem Durchsetzungsmechanismus verknüpft hat, läuft sie ins Leere.
Da aufgrund der Corona-Pandemie fast jegliche Form des analogen Wahlkampfs verboten wurde, stellt dies einen überwältigenden und unfairen Vorteil für die Regierungspartei dar.
4. Auszählung der Stimmen und Übermittlung der Ergebnisse
Die Wahlkommission hat eine neue biometrische Wählerüberprüfung eingeführt, allerdings entgegen der üblichen Praxis nur in größeren Wahllokalen. Obwohl dies eine wesentliche Änderung der Regeln darstellt, wurden die Wähler:innen nicht darüber informiert, dass sie biometrisch verifiziert werden können. Berichte aus Lusaka deuten außerdem darauf hin, dass die Mitarbeiter:innen der Wahlkommission nicht darin geschult wurden, wie diese umzusetzen ist.
Diese chaotische Einführung birgt drei problematische Konsequenzen. Erstens scheint es, dass die Sets uneinheitlich verwendet werden, was zu Anschuldigungen wegen Amtsmissbrauchs führt. Zweitens könnte es die Wähler der Opposition einschüchtern, wenn sie in letzter Minute aufgefordert werden, ihre biometrischen Daten anzugeben. Drittens bestehen Befürchtungen, dass der Verifizierungsprozess absichtlich eingesetzt werden könnte, um die Stimmabgabe in den städtischen Gebieten zu verlangsamen und zu behindern. In diesen scheint die Unterstützung für Hichilema zu wachsen.
Dies ist nicht das einzige Problem. Bei früheren Wahlen in Sambia wurden die Ergebnisse auf der Ebene der Wahllokale und der Wahlbezirke bekannt gegeben. Dies ist eine gute Praxis, da die Beobachter so die Ergebnisse auf jeder Ebene vergleichen können, um zu prüfen, ob die Unterstützung für einen Kandidaten künstlich überhöht wurde.
Doch eine weitere Maßnahme, die die Transparenz zu untergraben droht, ist die Entscheidung der Wahlkommission, die Zwischenstufen des Auszählungsprozesses zwischen dem Wahllokal und der nationalen Auszählung abzuschaffen. Wenn die Kommission, wie von vielen befürchtet, nur eine endgültige Gesamtstimmenzahl für das Präsidentschaftsrennen bekannt gibt, ohne eine Aufschlüsselung vorzunehmen, wird es nahezu unmöglich sein, festzustellen, ob es zu Wahlbetrug gekommen ist.
5. Arbeit und Zulassung der Wahlbeobachter: Erschwerte Bedingungen
Angesichts dieser Schwächen des Wahlsystems ist es besonders besorgniserregend, dass die Wahlkommission den Beobachtern das Leben offenbar aktiv erschwert.
Zivilgesellschaftliche Gruppen beklagen, dass die Wahlkommission nicht nur die Akkreditierung von Wahlbeobachter:innen wesentlich komplizierter gemacht hat – so müssen sie beispielsweise beglaubigte Kopien ihres Personalausweises vorlegen und nachweisen, dass sie in den letzten drei Jahren im Bereich Governance tätig waren -, sondern auch die Frist für die Erledigung dieser Aufgabe unerwartet vorverlegt hat.
Während die Kommission andere Änderungen damit begründet hat, die Ausbreitung von Covid-19 verhindern zu wollen, gibt es keinen gesundheitlichen Nutzen dieser neuen Akkreditierungsregeln, die offenbar darauf abzielen, sich einer Kontrolle zu entziehen.
Jüngste Änderungen der Wahlgesetzgebung verstärken diese Besorgnis. Der Electoral Process (Amendment) Act Nr. 32 aus dem Jahr 2021 untersagt es anderen Stellen als der sambischen Wahlkommission, Wahlergebnisse zu verkünden. Es wird befürchtet, dass damit die Berichterstattung über abweichende Ergebnisse und über Wahlmanipulationsvorwürfe kriminalisiert und die Medien auf diese Weise weiter zum Schweigen gebracht werden.
Was ist zu tun?
Wahlbeobachter:innen sollten dringend vermeiden, ihre vorläufige Bewertung der Abstimmung zu früh abzugeben. Aus zahlreichen Wahlen in Afrika wissen wir, dass der Wahltag in der Regel ordnungsgemäß verläuft und Probleme erst bei der Auszählung und Bekanntgabe des Ergebnisses auftreten. Bei allen jüngeren Kontroversen um Wahlbeobachter gaben diese ihre Stellungnahmen nach der Stimmabgabe aber noch vor der offiziellen Ergebnisbekanntgabe ab. Das macht sie chronisch anfällig für zu optimistische Einschätzungen.
Dies ist ein großes Problem, da die vorläufige Stellungnahme der Wahlbeobachter, über die die nationalen und internationalen Medien berichten, den Ton dafür setzt, wie die Wahlen verstanden werden. Wenn Monate später der Abschlussbericht veröffentlicht wird, hat sich die internationale Aufmerksamkeit schon auf andere Bereiche verlagert und die dann oft kritischeren Bewertungen stoßen auf taube Ohren.
Angesichts des hohen Manipulationsrisikos bei der Stimmenauszählung in Sambia ist es daher von entscheidender Bedeutung, dass Wahlbeobachter:innen den Prozess nicht schon für einwandfrei erklären, wenn er gerade erst begonnen hat.
Dieser Artikel wurde ursprünglich bei Mail & Guardian veröffentlicht.