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BTI-Veröffentlichung löst ergiebige Debatten in vielen Ländern aus

Der Bertelsmann-Transformationsindex (BTI) 2018 hat in den ersten Wochen nach der Veröffentlichung eine beachtliche Resonanz in den Medien gefunden. Die meisten Reaktionen fielen positiv und sachlich aus.

Die beunruhigenden Befunde des Bertelsmann-Transformationsindex (BTI) 2018 zum Zustand der Demokratie in Entwicklungs- und Schwellenländern ließ die Medienlandschaft in vielen Ländern nicht kalt. Zahlreiche Journalisten, Wissenschaftler und Bürger nahmen Kontakt mit uns auf, suchten nach Erklärungen für zunehmende Repression und Polarisierung oder empfanden die klare Sprache unserer 129 Ländergutachten als evidenzbasierten Beitrag in den hitzigen innenpolitischen Auseinandersetzungen um den richtigen Weg zur rechtsstaatlichen Demokratie und sozialen Marktwirtschaft. Die folgende Auswahl soll einen Eindruck von den Reaktionen in den Medien vermitteln. Auf besonders fruchtbaren Boden fiel die Studie in Bangladesch und Namibia.

 

Australien

Der australische Ableger der in der Türkei verbotenen Tageszeitung Zaman (auf Türkisch) berichtet ausführlich über die Hintergründe des Absturzes der stark defekten Demokratie am Bosporus.

 

Bangladesch

Die ehemals fünftgrößte Demokratie der Welt wird im Transformationsindex erstmals nicht mehr als Demokratie geführt, weil die Wahlen nicht mehr als hinreichend frei und fair eingestuft worden waren. Die Neueinstufung als Autokratie löste im Land erhebliche Diskussionen aus. Regierungsvertreter wiesen den BTI-Bericht im Daily Star als politisch motiviert und zurück und Präsidentenberater HT Imam warf die Frage auf, ob man demokratische Lektionen „vom Land Hitlers“ lernen müsse. Generalsekretär Fakhrul von der oppositionellen BNP meint gegenüber dem Financial Express, die Ergebnisse des BTI 2018 erfüllen die Bürger Bangladeschs und all jene, die für die Demokratie gekämpft und die Unabhängigkeit gewonnen haben, mit Scham. Die führende Tageszeitung New Age Bangladesh meint, man solle sich nicht jede Bewertung internationaler Watchdog-Organisationen zu eigen machen, wirft aber zugleich die Frage auf, inwieweit klar denkende Bürger überhaupt zu anderen Einschätzungen zur Demokratie im Land kommen können als die Analysen des BTI-Länderberichts. Unter der Zwischenüberschrift „To Germany, with hate“ setzt sich die gut informierte Redaktion des Dhaka Courier sachlich mit unseren Ergebnissen auseinander und mahnt die Gesellschaft, den Befund einer „fragilen Demokratie“ anzunehmen. Der Ökonom Abdullah Shibli setzt sich im Daily Star kritisch mit den methodologischen Unterschieden zwischen dem BTI und anderen Demokratieindizes auseinander.


Belgien

Ein Meinungsbeitrag im EU Observer weist auf das rasante Tempo hin, mit dem die Gewaltenteilung in der Türkei ausgehebelt wird, und kommt zu dem Schluss, eine Beschwichtigungspolitik gegenüber Präsident Erdogan könne nicht funktionieren.

 

Brasilien

Die Tageszeitung O Globo (auf Portugiesisch) begründet die wachsende Unzufriedenheit mit der Demokratie in Lateinamerika mit dem Versagen der politischen Eliten und zieht den BTI-Regionalbericht heran.

 

Chile

Das Business-Magazin América Economía (auf Spanisch) ordnet die politische Krise Brasiliens unter Verwendung des BTI-Länderberichts ein.

 

China

Die Nachrichtenagentur Xinhua verbreitete die Nachricht über den globalen Rückgang der Qualität von Demokratie und Marktwirtschaft.

 

Deutschland

Spiegel Online berichtet ausführlich und mit eingefärbten Weltkarten über die siebte Neuauflage des alle zwei Jahre erscheinenden Transformationsindex. Die Süddeutsche Zeitung beschäftigt sich mit der wachsenden Zahl autokratisch regierter Menschen weltweit. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung veröffentlicht ein Interview mit BTI-Projektmanager Robert Schwarz zu den globalen Entwicklungen der Demokratiequalität im Allgemeinen und dem Zustand der türkischen Demokratie im Besonderen. In einem Vorbericht über die ungarischen Präsidentschaftswahlen vom 8. April 2018 zeichnet die Frankfurter Rundschau den demokratischen Abstieg des Landes mithilfe des BTI nach.

 

Kambodscha

Die Phnom Penh Post zitiert ausführlich aus dem BTI-Länderbericht und verweist hierbei auf zunehmende Repression der Regierung gegen die Opposition und das wegen verbreiteter Korruption nicht nachhaltige Wirtschaftswachstum.

Malawi

Die Tageszeitung The Nation geht ausführlich auf die wirtschaftlichen Analysen des BTI-Länderberichts ein.

 

Namibia

Die Namibian Sun macht das Abrutschen des Landes im BTI daran fest, dass Präsident Hage Geingob seine Wahlversprechen nicht eingelöst und seine Regierung den Staatshaushalt aufgebläht habe. Ein Regierungssprecher wies im Fernsehsender NBC unsere Ergebnisse mit Blick auf die Verschlechterungen Namibias im internationalen Vergleich als „nicht durch Evidenz gedeckt“ zurück. Ein Editorial des Namibian unterstreicht mithilfe von Befunden aus dem BTI-Ländergutachten seine Kritik an der enttäuschenden Präsidentschaft Geingobs, der Marginalisierung weiter Teile der Bevölkerung und der Perspektivlosigkeit der namibischen Jugend. Der Windhoek Observer stimmt in diesen Grundton ein und äußert die Hoffnung, internationale Indizes könnten dazu beitragen, die Regierung weg von bloßer Rhetorik hin zu aktiven Maßnahmen zur Armutsbekämpfung zu bewegen.

 

Nicaragua

Die Nachrichtenagentur SNN (auf Spanisch) nimmt besonders die Transformationsrückstände Kubas und Venezuelas im regionalen Vergleich in den Blick. Die führende Oppositionszeitung La Prensa verweist auf die vom BTI diagnostizierten politischen Rückschritte in Nicaragua, und dass das Land im Index nicht mehr als Demokratie geführt wird, und nimmt darauf in einem Editorial Bezug.

 

Österreich

In einem tiefgründigen Bericht in der Presse zeichnet Europa-Korrespondent Wolfgang Böhm die Hintergründe für den schleichenden Rückgang der Demokratiequalität nach. Der Kurier interviewt Projektmanager Robert Schwarz zu den Kernaussagen des BTI 2018, der Vertrauenskrise der Demokratie und autoritären Tendenzen in Osteuropa.

 

Panama

Das Newsportal Crítica en Línea (auf Spanisch) hebt hervor, dass Panama zu den defekten Demokratien des BTI 2018 zählt.

 

Polen

Die Tageszeitung Rzeczpospolita (auf Polnisch) analysiert die demokratischen Rückschritte des Landes, den Konflikt mit Brüssel und die „illiberale Drift“ in einigen osteuropäischen Staaten.


Portugal

Die Tageszeitung Publico (auf Portugiesisch) analysiert die Verschlechterungen in ehemaligen „Leuchttürmen“ der Demokratie in Transformations- und Schwellenländern.

 

Rumänien

Die Nachrichtenagentur Rador (auf Rumänisch) setzt sich unter Hinweis auf den neuen BTI-Länderbericht mit der politischen Unabhängigkeit des Justizwesens, dem heiß diskutierten Thema Korruption und der Rolle der Orthodoxen Kirche auseinander.

 

Spanien

Die ausführliche Berichterstattung der Nachrichtenagentur EFE (auf Spanisch) über die Ergebnisse des BTI 2018 wurde von zahlreichen lateinamerikanischen Medien aufgegriffen. Die Tageszeitung El País meint, der BTI würde die jüngsten alarmierenden „kalten Daten“ des Latinobarómetro zur Demokratiezufriedenheit mit einer Geschichte und Argumenten anreichern.

 

Taiwan

Die Tageszeitungen Taiwan News und Teipei Times sowie die Wochenzeitung Taiwan Today heben das hervorragende Abschneiden des Inselstaats an der Spitze aller asiatischen Staaten und unter den Top 10 im globalen BTI-Ranking hervor.

 

Venezuela

Tageszeitungen wie El Nacional und Newsportale wie El Estímulo (beide auf Spanisch) gehen auf die Ergebnisse Lateinamerikas ein und zitieren den BTI-Bericht, wonach die Lage in Venezuela einer „Bankrotterklärung für den Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ nachkomme.

 

Vereinigte Staaten

Die New York Times zieht den Ungarn-Bericht des BTI 2018 als Quelle in einem Vorbericht zu den Parlamentswahlen vom 8. April heran.


Vereinigtes Königreich

Die Financial Times (Zahlschranke) berichtet ausführlich über die Gefahr, dass sich weitere demokratische Länder in eine autoritäre Richtung entwickeln.

 

Robert Schwarz ist Projektmanager des Transformationsindex der Bertelsmann Stiftung (BTI).

 

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