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Mogadischu Life Economy. Photo by AMISOM Public Information via flickr.com, CC0 1.0, https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/

Wie lässt sich die Wirtschaft der ostafrikanischen Länder ankurbeln?

Der Gipfel der Afrikanischen Union will diesen Monat der Korruption den Kampf ansagen, doch es gibt noch ein paar andere wichtige Themen für die ostafrikanischen Länder, insbesondere wachsende politische und wirtschaftliche Unsicherheit und zunehmende Gewalt.

Anlässlich des unmittelbar bevorstehenden 31. Gipfeltreffens der Afrikanischen Union (AU) bekräftigte die Afrikanische Entwicklungsbank erneut, Industrialisierungsvorhaben in Ostafrika unterstützen zu wollen. Doch die mikroökonomischen Indikatoren sprechen weiterhin für eine schwierige Situation, denn die Region leidet unter unzureichenden Regulierungs- und Rechtsrahmen, aufwändigen Zollvorschriften, einem Mangel an technischen und unternehmerischen Talenten und zusätzlich noch einem feindseligen politischen Klima.

Staatsoberhäupter der afrikanischen Länder werden vom 25. Juni bis zum 2. Juli 2018 an dem Treffen der AU unter dem Titel “Den Kampf gegen die Korruption gewinnen: ein nachhaltiger Weg für Afrika in Richtung Transformation” im mauretanischen Nouakchott teilnehmen.

Neben der Geißel der Korruption gibt es nach dem Regionalbericht Süd- und Ostafrika des Bertelsmann Transformation Index (BTI) 2018 drei Haupthemmnisse für die Wirtschaft der Region: Rapide Einkommensverluste aufgrund von anhaltend niedrigen internationalen Rohstoffpreisen, ein politisches Klima der Ausgrenzung und Repression sowie verbreitete soziale Unsicherheit.

„Gewaltätige Konflikte torpedieren die Hoffnung auf Transformation“, resümiert der Bericht. „Aufgrund des seit 2013 anhaltenden Bürgerkriegs im Südsudan steht die Wirtschaft des jungen Landes kurz vor dem Zusammenbruch. Die hungernde Bevölkerung wird jeder politischen Perspektive beraubt. Genauso vergeblich hoffen die Menschen in Somalia nach zwei Jahrzehnten Staatsversagen und anhaltender gewalttätiger Auseinandersetzungen auf einen Durchbruch.“

Unter der Führung von Äthiopien, Kenia, Tansania und Ruanda bemüht sich Ostafrika weiterhin mit einem geschätzten Wachstum von 5,6 Prozent im Jahr 2017, das nach Angaben der Afrikanischen Entwicklungsbank 2018 noch auf 5,9 Prozent steigen könnte, das Interesse ausländischer und regionaler Investoren zu wecken. Der regionale Aufschwung wird von hohen Ausgaben für Infrastruktur-Großprojekte in Äthiopien, Kenia, Uganda und Tansania angetrieben, dennoch schneiden diese Länder im weltweiten Vergleich bei anderen Themen, darunter auch Korruption, immer noch bescheiden ab. Kenia und Äthiopien kommen ein bisschen besser weg als Tansania, haben aber für heimische Anleger ein zu schwaches Wettbewerbsumfeld und stehen in dem Ruf der verbreiteten Vetternwirtschaft bei Auftragsvergaben.

Steigende Schuldenlasten

Die Korruption steht im Zusammenhang mit der sich abzeichnenden Schuldenkrise in der Region, die durch steigende öffentliche Ausgaben für Megaprojekte und durch Misswirtschaft entsteht und aufgrund derer Berichten zufolge Liquiditätsengpässe und Ausfälle drohen. Im subsaharischen Afrika stieg die Staatsverschuldung von 11 Prozent des Bruttoinlandprodukts im Jahr 2011 auf 53 Prozent im Jahr 2017. Die Schuldenlast Dschibutis erreichte beispielsweise sagenhafte 87 Prozent des Bruttoinlandprodukts.

Gründe für die Schuldenanfälligkeit sind Bürgerkriege, eine lockere Finanzpolitik, aber auch Betrug und Korruption. Undurchsichtige Kredite und das Engagement Chinas in Afrika erschweren die Beurteilung der Situation. Zu den chinesischen Investitionen zählen die 1,3 Billionen schwere „Neue Seidenstraße“ sowie ein afrikanisch-asiatischer Korridor mit einer Zusage von 200 Milliarden für Infrastrukturvorhaben.

Der chinesische Eifer lässt nach

Voraussichtlich wird Äthiopien, die am schnellsten wachsende Wirtschaft der Region, Kenia 2019 überholen. Doch das Land erlebt seit dem Rückzug von Premierminister Hailemariam Desalegn im April politische und ökonomische Turbulenzen. Der neue Premierminister Abiy Ahmed (jüngstes Staatsoberhaupt Afrikas) setzt sich zwar für Wirtschaftsdiplomatie ein und öffnet die Grenzen für ausländische Investoren, schneidet jedoch bei Reformvorhaben weniger gut ab. Seine Verhandlungen umfassen eine Reise in den Sudan, um die Entwicklung des wichtigsten Hafens des Landes voranzutreiben, sowie den Verkauf von Minderheitsbeteiligungen an Staatsbetrieben, wie der nationalen Fluglinie, Telekommunikationsunternehmen und Reedereien, an ausländische und einheimische Investoren.

Politische Instabilität und niedrige Erträge aus den Infrastrukturinvestitionen haben China im Juni veranlasst, Zurückhaltung bei neuen Investitionsmaßnahmen anzukündigen. Grund dafür könnten Berichte gewesen sein, nach denen die Zugverbindung zwischen Äthiopien und Dschibuti hinter den Erwartungen zurückbleibt. Die Financial Times berichtete, dass Chinas Exportkreditversicherer Sinosure nicht mehr mit dem gleichen Eifer chinesische Banken bei Projekten in Äthiopien unterstützt wie in den vergangenen zehn Jahren.

Neuer Schwerpunkt Kenia

Gleichzeitig haben in Kenia große Industrialisierungsprojekte zu verbreiteter Korruption und anhaltenden Konflikten über Land und die finanzielle Abwicklung geführt. Auch die Beziehungen zur einheimischen Wirtschaft haben sich verschlechtert. Ein herausragendes Beispiel ist das 2012 begonnene größte regionale Transport und Infrastrukturprojekt, der 24,5 Milliarden US-Dollar teure Lamu Port and Lamu-Southern Sudan-Ethiopia Transport Corridor, das erst zu 45 Prozent fertiggestellt ist. Ende Mai 2018 riefen sowohl Kenia als auch Äthiopien private Unternehmen auf, die Finanzierungslücke zu schließen, obwohl das Projekt mit Korruption in Bezug auf Landrechte zu kämpfen hat.

Auch wenn es Kenia gelingt, trotz wachsender politischer Unsicherheit für das Land die meisten technischen und finanziellen Investitionen einzuweben, ist Korruption noch immer ein großes Problem und die Fähigkeiten einheimischer Firmen in Betriebsführung und Expansion sind nur schwach ausgeprägt. Gleichzeitig sind durch die Bemühungen um den Ausbau von Häfen entlang der ostafrikanischen Küste und dem nahegelegenen Suezkanal neue Probleme entstanden.

Wachsende regionale Spannungen

Neue Strategien und Handelspolitiken aus den Golfstaaten bedrohen die regionalen Industrialisierungsvorhaben und die Bemühungen um die Weiterentwicklung der Staaten. Als Folge werden die Wirtschaftspläne und regionalen Beziehungen in Ostafrika immer intransparenter.

Experten beklagen eine Zunahme der Staatsverschuldung wegen des starken Interesses an Projekten zum Hafenausbau, vor allem in Ländern wie Somalia, Eritrea und Sudan, die ohnehin schon zu den in nahezu allen Regierungs-Rankings am schlechtesten abschneidenden Ländern gehören. In den Vordergrund getreten sind diese Probleme im Zusammenhang mit den Aktivitäten des inzwischen drittgrößten Hafenbetreibers der Welt, DP World aus Dubai. Wegen Unberechenbarkeit und finanziellem Missmanagement geriet das Unternehmen in die Kritik, was schließlich dazu führten, dass DP World 2018 seine Konzession für den Doraleh Container Terminal in Dschibuti an chinesische Betreiber verlor.

Kurzfristig sind durch einen solchen Zustrom von Investitionen auch Somalia und Somaliland in Wallungen über den Hafen Berbera geraten. Somalia sieht Somaliland trotz der De-facto-Unabhängigkeit von 1991 immer noch als sein Staatsterritorium an und will bei der Unterzeichnung von Verträgen für ausländische Investitionen ein Wörtchen mitreden. Das hat dazu geführt, dass die lang ersehnten Gespräche zwischen Somalia und Somaliland, die im April unter Schweizerischer Vermittlung stattfinden sollten, verschoben wurden.

Die Vereinigten Arabischen Emirate zielen langfristig darauf ab, ihren Handel mit schnell wachsenden Wirtschaften wie der äthiopischen auszubauen und die größer werdende ostafrikanische Käuferschicht für sich nutzbar zu machen. Doch kurzfristig wirken sich solche Erschütterungen schon heute auf Schulden, politische Konflikte und regionale Integrationsbemühungen aus.

Hauptgesprächspunkte beim anstehenden Gipfel werden Bewegungen in den regionalen Bündnissen, die großen Infrastrukturprojekte und die wachsende politische Unsicherheit in der Region sein, denn sie wirken sich unmittelbar auf Transparenz und Reformvorhaben zur Bekämpfung von Korruption aus.

Claire Elder ist derzeit Doktorandin in Politikwissenschaften und Internationalen Beziehungen an der Universität von Oxford. Zuvor war sie Beraterin der International Crisis Group (ICG) für Somaliland und Somalia.

Aus dem Englischen übersetzt von Karola Klatt.

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