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Soldiers forming up. Photo by Menglong Bao on Unsplash.com

Im Zeichen des Kaschmir-Konflikts: Das schwierige Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit

Im Juni wird die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit den 19. Gipfel ihrer Staats- und Regierungschefs abhalten. Wird es dem Bündnis gelingen, die Lage zwischen seinen jüngsten Mitgliedern Indien und Pakistan zu entspannen?

Beim 19. Treffen der Staats- und Regierungschefs vom 14. bis 15. Juni in Bischkek, der Hauptstadt Kirgisistans, steht die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) vor einer großen Aufgabe. Der jüngste Ausbruch der Gewalt zwischen Indien und Pakistan zwingt das sicherheitspolitische Bündnis zu potenziellen zukünftigen Konflikten zwischen seinen Mitgliedern klar Stellung zu beziehen, wenn es international glaubwürdig bleiben will.

Die SOZ wurde nur drei Monate vor den Terroranschlägen am 11. September 2001 von China, Russland und den zentralasiatischen Ländern Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan gegründet. Grund für die Partnerschaft waren besondere sicherheitspolitische Herausforderungen, vor allem wollte man gemeinsam die drei großen Übel bekämpfen: Terrorismus, Separatismus und Extremismus. Wenig überraschend wurde die Entscheidung im Jahr 2017, sowohl Indien als auch Pakistan als vollwertige Mitglieder aufzunehmen, von Experten aus der Region und darüber hinaus skeptisch gesehen. Da zu den Zielen der SOZ auch gehört, das gegenseitige Vertrauen unter den Mitgliedern zu stärken und gute nachbarschaftliche Beziehungen zwischen ihnen zu fördern, sahen viele eher ein Scheitern der Organisation voraus als eine Verbesserung der indisch-pakistanischen Beziehungen.

Erweiterung erreicht eine kritische Größe

Warum hat die SOZ dennoch für eine Vollmitgliedschaft von Indien und Pakistan gestimmt? Für China, den wichtigsten Akteur der Gruppe, besteht der Hauptgrund darin, seine Macht zeigen zu wollen und zu beweisen, dass es eine große internationale Organisation führen kann. Der Chinabericht des Bertelsmann Transformationsindex (2018) stellt fest: „In den vergangenen Jahren hat sich China verstärkt darum bemüht, als verlässliches Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft und zuverlässiger Partner in bilateralen Beziehungen gesehen zu werden.“ In diesem Kontext verweist der BTI auf das große Engagement des Landes in internationalen Institutionen wie der UN, aber auch auf die Initiierung neuer Instrumente wie der multilateralen Entwicklungsbank der BRICS-Staaten oder Chinas eigener Asiatischer Infrastrukturinvestmentbank, die von einigen Beobachtern als Alternative zur Weltbank gesehen wird. Die SOZ ist als erste von China geschaffene multilaterale Organisation ein weiterer Beleg für diese These des BTI. Mit der gleichzeitigen Integration des regionalen Rivalen Indien und des engen Verbündeten Pakistan in die SOZ gelang es China, aus dem Verbund, der außerhalb der Region nur wenig beachtet wurde, die größte regionale Organisation der Welt zu machen, sowohl hinsichtlich ihrer geografischen Ausdehnung (über 60 Prozent der eurasischen Landfläche) als auch der Bevölkerungszahl (fast die Hälfte der Weltbevölkerung) mit einer Gesamtwirtschaftsleistung von fast 25 Prozent der Weltwirtschaft. Es liegt auf der Hand, dass die SOZ mit der Erweiterung international mehr Aufmerksamkeit bekommt. Gleichzeitig erhöht sich der Druck auf China, diese erste geschmiedete multilaterale Organisation auch zum Erfolg zu führen.

Das jüngste Aufflammen des jahrzehntealten Konflikts zwischen Indien und Pakistan wurde von einem Selbstmordanschlag auf einen indischen paramilitärischen Konvoi im Distrikt Pulwama in der von Indien kontrollierten Region Kaschmir ausgelöst. Bei dem Anschlag, zu dem sich die in Pakistan ansässige Islamistengruppe Jaish-e-Mohammed (JEM) bekannte, starben 40 Sicherheitskräfte. Dies führte zu indischen Luftschlägen gegen ein JEM-Trainingslager in Pakistan. Zum ersten Mal seit dem indisch-pakistanischen Krieg 1971 kam es so zu Angriffen hinter der Kontrolllinie, die de facto die umstrittene Grenze zwischen den von Indien und Pakistan kontrollierten Teilen Kashmirs darstellt. Die Eskalation der Lage zwischen den beiden Atommächten ist der erste militärische Konflikt zwischen Mitgliedstaaten in der 18-jährigen Geschichte der SOZ und stellt das Bündnis vor ernsthafte Probleme. Nachdem die gegenseitigen Gefechte sich fortsetzten, boten sowohl Russland als auch China ihre Vermittlung zur Beilegung des Konflikts an und schlugen das regionale Antiterrornetzwerk der SOZ als passende Plattform dafür vor. Wie das in die Tat umgesetzt werden soll, bleibt jedoch weiter unklar.

Kaum mehr als vage Erklärungen

Hierin liegt der Kern des Problems: Bislang kommen von der SOZ nicht mehr als zweideutige Erklärungen ihrer Hauptbeweggründen. Ein gutes Beispiel für den unverbindlichen Wortlaut solcher Stellungnahmen ist die kirgisische Revolution von 2010, in der es im südlichen Kirgisistan zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Kirgisen und Usbeken gekommen ist. Obwohl die kirgisische Regierung ausdrücklich um chinesische und russische Unterstützung bat, gab die Organisation nur vage Stellungnahmen heraus, in denen sie die Aufrechterhaltung der Stabilität anmahnte. Entschuldigt wurde diese Zurückhaltung damals mit der kurzen Existenz der SOZ und der Notwendigkeit, die Mitgliedsländer erst zusammenwachsen zu lassen. Für viele Beobachter hat die SOZ inzwischen jedoch einen Reifegrad erreicht, der es ihr gebietet, in ihrem eigenen Kompetenzfeld mit größerer Bestimmtheit aufzutreten und für Verbesserung der regionalen Sicherheitslage zu sorgen.

Vor diesem Hintergrund wird der SOZ-Gipfel im Juni zu einem Prüfstein für die künftige Bedeutung der Organisation. Wenn die Mitglieder die SOZ wirklich als effektive internationale Institution verkaufen wollen, müssen sie mehr unternehmen, als lediglich zweideutige Stellungnahmen abzugeben. Sie müssen vielmehr ihren eingegangenen Verpflichtungen direkt nachgehen. Schon um die Existenz der SOZ nicht zu gefährden, muss ein Plan für den Abbau der Spannungen entwickelt und ein Beitrag für bessere Beziehungen zwischen Indien und Pakistan geleistet werden. Ein Ansatz wäre, zur Mediation eine kurzfristige Kontaktgruppe einzurichten, ähnlich der SOZ-Afghanistan-Kontaktgruppe. Die Gruppe könnte aus je einem Vertreter aller Mitgliedsländer bestehen und in den eigenen Reihen nach einem Ausweg aus der festgefahrenen Situation zwischen Indien und Pakistan suchen. Es muss sich jetzt etwas ändern: Erst wenn die SOZ ihre Möglichkeiten, Konflikte einzudämmen, weiter ausbaut und die Verantwortung ernst nimmt, die sich aus der Erweiterung des Bündnisses ergibt, wird sie die internationale Glaubwürdigkeit gewinnen, die sie sich wünscht.

Aus dem Englischen übersetzt von Karola Klatt.

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