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CCTV in urban space. Photo by Oliver Cole via unsplash.

Serbisch-chinesische Beziehungen: Eine potenzielle Gefahr für die Europäische Union?

Während in vielen EU-Mitgliedsländern heftig darüber gestritten wird, ob man das chinesische Unternehmen Huawei vom Ausbau der nationalen 5G-Netze ausschließen sollte, baut der EU-Kandidat Serbien seine freundschaftlichen Beziehungen zu China weiter aus. Wird diese Verbundenheit für Europa zum Sicherheitsrisiko?

Seit Anfang der 2010er-Jahre bemüht sich China mit Nachdruck, seinen Einfluss in den mittel- und osteuropäischen Ländern und auf dem Balkan durch neue Kooperationsformate, wie die 16+1-Gipfeltreffen und das Megaprojekt „Neue Seidenstraße“ auszubauen. Attraktiv ist die Region für China wegen ihrer strategischen Bedeutung als Tor nach Westeuropa. Serbien, der größte Staat der Region und Partnerland der „Neuen Seidenstraße“, hat chinesische Kredite in Milliardenhöhe für den Bau von Brücken, Eisen- und Autobahnen erhalten.

Das Beispiel eines alten Stahlwerks zeigt, wie China die Lücke füllt, die die USA hinterlassen haben, als sie sich allmählich aus der Region zurückzogen. Das Werk Železara Smederevo wurde 2003 von US Steel gekauft und nicht mal zehn Jahre später an die serbische Regierung zurückverkauft. Im Jahr 2016 kaufte der chinesische Staatskonzern He Steel Group es für 52 Millionen Dollar und rettete damit mehr als 5.000 Arbeitsplätze. Investitionen wie diese erklären das vorherrschend positive Bild, das die Serben von China haben: Ein freundliches Land, das in die serbische Wirtschaft investiert.

Was in der EU Misstrauen hervorruft, sind nicht nur die Seidenstraßen-Projekte und Investitionen, die Serbien in eine untragbare Schuldenspirale stürzen könnten. Neben intensiver wirtschaftlicher Zusammenarbeit kooperieren beide Länder auch zunehmend im Bereich der Sicherheit. Während beispielsweise in vielen EU-Regierungen derzeit heiß darüber gestritten wird, ob man dem Beispiel der USA folgen und Huawei-Technologie beim 5G-Netzwerkausbau verbieten sollte, bewegt sich Serbien in die entgegengesetzte Richtung. Es erlaubt Huawei nicht nur den Ausbau seines nationalen 5G-Netzes, sondern hat im Rahmen von Chinas „Safe City“-Projekt an 800 Standorten in ganz Belgrad 1.000 von Huawei gefertigte Gesichtserkennungskameras installieren lassen. Ähnliche „sichere Städte“ gibt es bereits in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, darunter Armenien, Russland, Tadschikistan und Usbekistan. Mit Belgrad ist es China nun jedoch gelungen, das Projekt bis nach Europa voranzubringen.

Gefahr für die Datensicherheit

Die große Befürchtung beim Einsatz chinesischer Technologie ist, dass China damit an Überwachungsdaten gelangen könnte. Obwohl Huawei kein Staatsunternehmen ist, verpflichten chinesische Gesetze alle chinesischen Firmen, mit den inländischen Geheimdiensten zusammenzuarbeiten. Auch wenn der weltweit führende Netzwerkausrüster zugesichert hat, keine vertraulichen Informationen an seine Regierung weiterzugeben, warnen Experten und Geheimdienste in den europäischen Staaten daher entschieden vor einer Beteiligung von Huawei am 5G-Netzwerkaufbau.

Nicht nur die chinesische Regierung könnte in Serbien die Technologie potenziell für Spionage nutzen: Die serbischen Bürger fürchten zunehmend, dass ihre eigene Regierung die politische Opposition überwachen und gezielt angreifen könnte. Auch der Bertelsmann Transformation Index (BTI) 2020, der in Kürze veröffentlicht wird, betont, dass sich der Zustand der Demokratie in Serbien in den letzten Jahren verschlechtert habe. Die autoritären Tendenzen der gegenwärtigen Regierung dürften sich durch die Kooperation mit China noch verstärkt haben. China und Serbien pflegen seit Jahrzehnten gute politische Beziehungen, die in den letzten Jahren noch erheblich intensiviert wurden und darin gipfelten, dass der derzeitige serbische Präsident Aleksandar Vucic China kürzlich als den „ehrlichsten und vertrauenswürdigsten Freund“ seines Landes bezeichnete. Zur gleichen Zeit stimmt Serbien seine Außen- und Sicherheitspolitik immer weniger mit der EU ab und die Beitrittsverhandlungen, die 2014 begonnen haben, kommen nur schleppend voran.

Ein harter Schlag gegen die demokratische Glaubwürdigkeit

Offensichtlich verfolgt Serbien inzwischen andere außenpolitische Prioritäten, die mit der Entwicklung des heimischen Regierungssystems Hand in Hand zu gehen scheinen. Darauf weist auch die Beurteilung Serbiens beim Engagements für den Aufbau demokratischer Institutionen im kommenden BTI 2020 hin: Im Jahr 2014 erzielte das Land mit 9 von 10 möglichen Punkten noch einen sehr guten Wert, der jetzt auf nur noch 7 Punkte gefallen ist. Obwohl dieses Ergebnis noch immer eine Situation beschreibt, in der „die meisten demokratischen Institutionen von den meisten relevanten Akteuren als legitim akzeptiert“ werden, ist es das schlechteste Ergebnis, das Serbien seit Einführung der jährlichen Vergleichsstudie bei diesem Indikator erzielt hat. Das lässt auf eine problematische Entwicklung in Richtung Autoritarismus schließen.

Die Stärkung der sicherheitspolitischen und militärischen Zusammenarbeit Serbiens, eines EU-Beitrittskandidaten, mit dem autoritären China sollte bei den europäischen Demokratien in besonderem Maße zu Bedenken Anlass geben. Im September 2019 kaufte Serbien neun Kampfdrohnen vom chinesischen Hersteller AVIC, seit Jahrzehnten der größte chinesische Militärexport nach Europa. Darüber hinaus sah man chinesische Polizisten in den Straßen serbischer Städte patrouillieren. Offiziell sollten diese der steigenden Zahl chinesischer Touristen behilflich sein. Ähnliche gemeinsame Polizeipatrouillen gab es auch in anderen europäischen Ländern, darunter das Reiseland Italien, doch in Serbien scheint die chinesische Polizeipräsenz mit den landesweiten Investitionen zusammenzuhängen. Bemerkenswerterweise finden chinesische Polizeistreifen auch in einigen Städten statt, in die Touristen kaum kommen, die aber bekannt für chinesische Großinvestitionen sind. So fanden am 28. November in der Stadt Smederevo gemeinsame Übungen von serbischer und chinesischer Polizei und ihren Anti-Terror-Einheiten statt. Hier befindet sich zufällig auch das oben erwähnte chinesische Stahlwerk. China scheint zunehmend mit dem Gedanken zu liebäugeln, eigenes Sicherheitspersonal ins Ausland zu schicken, um die Sicherheit seiner Projekte zu gewährleisten. Das bestätigen auch Beobachtungen aus einigen anderen Ländern mit Großinvestitionen im Rahmen der „Neuen Seidenstraße“.

Die EU sollte angesichts dieser Entwicklungen nicht die Augen verschließen. Sie zeigen den Willen Chinas, mit dem Export von Technologien und jeder anderen Möglichkeit, die sich bietet, in die Sicherheitsstrukturen der Zielländer einzudringen. Die EU-Mitglieder sollten sich dessen bewusst sein, wenn sie über eine High-Tech-Kooperation mit China nachdenken, die den Zugang zu sensiblen Daten eröffnet. Angesichts der Tatsache, dass Serbien bereits sensible Daten mit China teilt, sollte die EU sich auch stärker um ihre Beitrittskandidaten bemühen, um zu verhindern, dass sie vollständig in die chinesische Umlaufbahn geraten. Dazu gehören alternative Angebote zu den chinesischen Investitions- und Kooperationsprojekten und mehr Gradlinigkeit beim Inaussichtstellen von EU-Mitgliedschaften.

Aus dem Englischen übersetzt von Karola Klatt.

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